Corona-Pandemie, Inflation und Energiekrise – diese Themen beschäftigen u.a. Privathaushalte, Städte, Unternehmen und Industrie. Aber wie gehen Institutionen mit der Lage um, die sich in Kitas, Familienzentren, Bildungseinrichtungen, Seniorenzentren, Bürgerhäusern usw. um große und kleine, junge und alte Menschen kümmern? In ihren Räumlichkeiten wir betreut, gepflegt, unterrichtet, frisch gekocht, gelehrt, ja, und auch gefeiert.
Das haben wir die Geschäftsführerin des VKJ, Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet e.V., Vera Hopp gefragt, Annika Schulze Aquack, Geschäftsführerin des ASB Ruhr und den Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Essen, Oliver Kern. Welche Hoffnung setzten sie auf Lösungen seitens der Politik?
Oliver Kern: „Die Inflation und die Energiekrise sind enorme Herausforderungen für die AWO Essen. Wir versuchen durch einen nachhaltigeren Umgang mit den Ressourcen weitestgehend Einsparungen, sowohl im Lebensmittel- als auch im Energieverbrauch zu erzielen. Die enormen Steigerungen im Energiesektor sind aber allein über Einsparungen nicht zu kompensieren. Persönlich finde ich es auch mehr als unanständig, dass sich einige wenige in der Krise nun die Taschen dermaßen füllen und ganze Branchen und einzelne Bürger in beängstigende Situationen treiben. Hier zeigt der Raubkapitalismus, entstanden durch den neoliberalen Kurs der 1990er Jahre seine wahre Fratze! Ich erwarte von der Politik, dass langfristig dieser Kurs korrigiert wird und die Daseinsvorsorge wieder in die staatliche Hand gelegt wird. Dazu zählt für mich die Energieversorgung, der ÖPNV, die Post, die Gesundheitsversorgung und die Telekommunikation. Das Mantra aus der Politik, der Staat wäre nicht der bessere Unternehmer, ist haltlos. Wir haben an vielen Stellen in den letzten Jahren erlebt, Beispiel Bankenkrise, dass am Ender der Staat und somit die Bürger Milliarden aufbringen müssen um den Schaden, den die Privaten angerichtet haben, wieder zu heilen. Ich bin sehr froh, dass die Bundespolitik kurzfristig Rettungspakete schnürt, aber die Hoffnung liegt in langfristigen Veränderungen.“

Auch der Arbeiter-Samariter-Bund beschäftigt sich bereits seit Wochen mit möglichen Krisenszenarien. Der Verband betreibt in Essenunter anderem drei KiTas, mehrere Einrichtungen für Menschen mit einer psychischen Erkrankung sowie in Bottrop drei Tagespflegen.

Steigende Kosten sind ein großes Problem

„Begonnen haben wir natürlich damit, unsere Mitarbeitenden über Möglichkeiten des Energiesparens (sowohl für die Einrichtungen als auch für die private Wohnung) aufzuklären“, berichtet Annika Schulze Aquack, Geschäftsführerin des ASB Ruhr. „Aber auch das Thema Sensibilisierung ist bei unserer Arbeit sehr wichtig – unsere Klienten/ Kunden brauchen unter ‚normalen Umständen‘ in vielen Bereichen bereits Unterstützung – hier müssen wir Notlagen rechtzeitig erkennen und helfen, entsprechende Hilfen zu beantragen!“ In Bottrop richte man außerdem derzeit gemeinsam mit der Kommune Wärmeorte ein (Beratung und Vermittlung sollen hier ebenso möglich sein, wie einfach sich nur bei einer Tasse Tee aufzuwärmen). „Sozialverbände benötigen dringend Unterstützung bei der Bewältigung der auf sie zukommenden, hohen Kosten – eine Art Rettungsschirm für die Einrichtungen wäre sicher sehr sinnvoll,“ fasst Schulze-Aquack zusammen.
VKJ-Geschäftsführerin Vera Hopp erklärt: „Für uns als gemeinnützigen Verein, der nur begrenzt Rücklagen bilden kann, sind die steigenden Kosten natürlich ein großes Problem und zugleich eine große Unbekannte. Wir wissen noch gar nicht, welche Kostensteigerung im Energiebereich letzten Endes auf uns zukommt und können deshalb nur mit noch mehr Energiesparmaßnahmen im Alltag als ohnehin schon üblich, versuchen, Energie einzusparen. Mit der Corona-Pandemie ist das natürlich eine Herausforderung. Hier setzen wir auf die Anschaffung von CO2-Ampeln, um in den Innenräumen effektiver und energiesparender über den Winter lüften zu können und dem Virus trotzdem die Stirn zu bieten. In unserem Fachbereich Küche können wir bei den Lebensmitteln nicht den Rotstift ansetzen. Die Kinder sollen weiterhin ihre warme Mahlzeit am Tag bekommen, denn für viele ist es leider auch die einzige am Tag. Hier ist es schon jetzt so, dass unsere Köchinnen und Köche ihren vorgeplanten Wochen-Speiseplan oft ändern müssen, weil sie auf tagesaktuelle Angebote setzen müssen. Da die KiBiz-Pauschalen immer erst im nächsten KiTa-Jahr angepasst werden, erhoffen wir uns von der Politik hier mehr Flexibilität und schnelle finanzielle Hilfen. Auch im Hinblick auf die anstehende Kostensteigerung der Personalkosten durch die SuE-Zulage im Tarifvertrag öffentlicher Dienst, den wir umsetzen.“

Oliver Kern Foto: AWO
Vera Hopp Foto: VKJ
Annika Schulze Aquack, Geschäftsführung ASB Ruhr