EXPERTEN-RAT von Rechtsanwältin und Notarin Sandra Ternai: „Berliner Testament“ – der Klassiker?

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Der Begriff „Berliner Testament“ ist zwar im allgemeinen Sprachgebrauch in der Bevölkerung bekannt, allerdings nicht, welche Konstruktion genau dahintersteht.
Hierbei handelt es sich um ein gemeinschaftliches Testament. Ein solches können grundsätzlich nur Ehegatten miteinander errichten. Wollen andere Personen eine gemeinschaftliche letztwillige Verfügung treffen, muss dies durch Erbvertrag geschehen.
Ein gemeinschaftliches Testament, welches Ehegatten verfügen, muss aber nicht immer zwingend ein sog. „Berliner Testament“ sein. Es gibt insgesamt drei Möglichkeiten, wie Eheleute in einem Dokument zusammen ihren Nachlass regeln können.

Drei Möglichkeiten für Eheleute

Die häufigste Form stellt die sog. Einheitslösung dar, bei welcher der überlebende Ehegatte zunächst als Vollerbe eingesetzt wird und beide Ehegatten bestimmen, wer nach dem Tode des länger lebenden Ehegatten Schlusserbe werden soll. Nach dieser Lösung geht der Nachlass des Erstversterbenden mit dessen Tod in das Vermögen des überlebenden Ehegatten über, vermischt sich also mit dessen Eigenver-mögen. Erst nach dem Tod des zweiten Ehegatten kommt der gesamte Nachlass den genannten Schlusserben zugute.
Wenn die Schlusserben bei dieser Konstruktion die gemeinschaftlichen Kinder der Ehegatten werden sollen, spricht man vom sog. „Berliner Testament“.
Eine weitere Möglichkeit ist die sog. Trennungslösung. Diese besagt, dass der überlebende Ehegatte nur Vorerbe wird. Dann muss bestimmt werden, wer Nacherbe wird und wann der Nacherbfall eintreten soll – i.d.R. ist dies nach dem Tod des Vorerben. Zu diesem Zeitpunkt gehen die vom erstversterbenden Ehegatten herrührenden Vermögenswerte auf den oder die Nacherben über.
Geregelt werden muss dann auch, wer das Vermögen des Letztverster-benden erhalten soll, denn es existieren durch diese Konstruktion zwei verschiedene Vermögensmassen, die unterschiedlich vererbt und auch unterschiedlich besteuert werden.
Ferner muss geregelt werden, ob der Vorerbe von den Beschränkungen des Gesetzes befreit werden soll oder nicht.
Wird er befreit, darf er mit Ausnahme von unentgeltlichen Verfügungen, das ihm im Wege der Vorerbfolge zugewendete Vermögen seines Ehegatten voll verbrauchen. Die Nacherben erhalten dann nur noch das, was letztlich aus dem Nachlass des Erstverstorbenen übriggeblieben ist.
Schließlich gibt es noch die sog. Nießbrauchslösung, bei welcher bereits nach dem Tod des ersten Ehegatten Dritte, zum Beispiel die gemeinsamen Kinder, als Erben des zuerst Versterbenden eingesetzt werden, der überlebende Ehegatte aber ein Nießbrauchsrecht am gesamten oder an Teilen des Nachlasses des Erstversterbenden erhält.
Wichtig zu wissen ist, dass die in einem gemeinschaftlichen Testament getroffenen Verfügungen dann wechselbezüglich sind, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre.
Regeln die Ehegatten diesbezüglich nichts, kommt eine gesetzliche Auslegungsregel zum Tragen, über die im Zweifel Streit aufkommen kann.
Um dieses zu vermeiden, sollte immer klar formuliert werden, welche der getroffenen Verfügungen der Ehegatten wechselbezüglich sein sollen und welche nicht, bzw. inwieweit der länger lebende Ehegatte das Testament nach dem Tod des anderen noch abändern darf oder nicht.