Trotz erster Insolvenzen von Kita-Trägern will die Landesregierung erst ab August 2024 einen aus Trägersicht zu geringen Beitrag dafür leisten, dass alle Kita-Beschäftigten im Land nach Tarif bezahlt werden können. Denn die Pauschalen, mit denen sie den Kita-Betrieb durch freie Träger vergütet, sollen erst zum Start des neuen Kita-Jahres erhöht werden obwohl viele freie Träger bereits seit Sommer letzten Jahres die im letzten TVöD-Abschluss vereinbarten Gehaltszuwächse zahlen. Das bringt das Fass zum Überlaufen. Kita-Träger befürchten: Jetzt wird die jahrelange Unterfinanzierung der freien Träger, die dreiviertel aller Kitas in NRW betreiben, zu einem existenzbedrohenden Problem.
„Kita-Bündnis NRW“: NRW-Landesregierung zahlt zu spät
Deshalb wenden sich nun mehrere große Kita-Betreiber mit einem gemeinsamen Appell an die Öffentlichkeit: Die Mitarbeitenden freier Träger sind keine Beschäftigten zweiter Klasse auch ihr Leben hat sich stetig verteuert und sie sollen anständig bezahlt werden, steht in dem Papier, das Träger mit Einrichtungen in ganz NRW als Kita-Bündnis NRW unterzeichnet haben. Mit Blick auf die Landesregierung heißt es: Wenn es wirklich auch in ihrem Sinne ist, dass auch unsere Mitarbeitenden von den dort erzielten Steigerungen profitieren dürfen, sind ihre aktuellen Refinanzierungspläne staatlich verordnete Insolvenzverschleppung. Die Landesregierung hat das Problem zwar erkannt und 100 Millionen Euro als Überbrückungshilfe bis August dieses Jahres angekündigt.
Bleibt nur die Tarifflucht?
Rechnet man diese Summe aber auf die rund 8.000 Kitas in freier Trägerschaft im Land um, bleiben gerade einmal 12.500 Euro für jede Einrichtung übrig. Pro Kita-Fachkraft verursachen Tarifsteigerungen seit 2023 aber Mehrkosten von rund 8.000 Euro, die bislang in der Refinanzierung nicht berücksichtigt werden – in einer Einrichtung mit zehn Fachkräften klafft somit eine Finanzlücke von 80.000 Euro. Vor diesem Hintergrund ist die nächste Tariferhöhung ab März für die freien Träger im Land besonders besorgniserregend.
„Bis heute keinen Cent gesehen“
„Der Rettungsschirm, den die Landesregierung in Aussicht gestellt hat, ist Augenwischerei. Bis heute haben wir noch keinen Cent gesehen und die erlaubten Rücklagen sind längst aufgebraucht. Uns freien Trägern droht die Insolvenz, weil wir kontinuierlich in Vorleistung gehen müssen. Die Tarifflucht ist für uns keine Option. Wir fordern Landesvater Hendrik Wüst und seine Regierung auf, NRW wieder zu einem Land zu machen, in dem Kinder gleiche Bildungschancen haben. Das geht nur mit auskömmlicher Finanzierung, die Trägervielfalt, hohe Qualitätsstandards und eine ausreichende Zahl an Betreuungsplätzen ermöglicht“, sagt Vera Hopp, Geschäftsführerin VKJ Ruhrgebiet e.V., die gemeinsam mit der Fröbel e.V., educcare Bildungskindertagesstätten gGmbH, Kinderzentren Kunterbunt gGmbH, Outlaw gemeinnützige Gesellschaft für Kinder- und Jugendhilfe mbH und Villa Luna Kindertagesstätten GmbH das Kita-Bündnis NRW gegründet und zu den Erstzeichneneden des Appells an die Landesregierung gehört.
In Essen fehlen 1.600 Kita-Plätze – VKJ gibt 3 Kitas auf
Anfang März werden die Kita-Plätze fürs kommende Kindergartenjahr in Essen vergeben. Aber es fehlen noch rund 1.600 Plätze. Das liegt auch daran, dass mehrere Kitas geschlossen haben oder schließen werden: So schließt der Verein VKJ (Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet) im Sommer drei Kitas in Altenessen, Altendorf und Werden. Die Stadt stellt in Aussicht, dass im Laufe des kommenden Kita-Jahres rund 1.000 Plätze neu geschaffen werden, dann würden im Sommer 2024 nur noch rund 600 Plätze stadtweit fehlen.
KOMMENTAR: Kein Herz für Kinder
Seit Jahrzehnten wollen Parteien wie die CDU, SPD, FDP und Grünen in verschiedenen politischen Konstellationen Kinder fördern, kein Kind zurücklassen, für beste Betreuung schon in der Kita und später dann in den Schulen sorgen. Doch diesen Lippenbekenntnissen folgen zu wenige Taten. Gerade bremst die aktuelle NRW-Landesregierung um Hendrik Wüst vor allem die Freien Träger von Kitas aus. Kein Cent vom Land sei bisher bei ihnen angekommen, sagt z.B. der VKJ Essen und weiß nicht, wie man die Erzieher-Teams noch fair und vor allem nach Tarif bezahlen soll. Während Corona haben wir noch für diese Menschen applaudiert…
Ihr Detlef Leweux
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