Klartext-Kommentar in MEIN KURIER: Bundestagswahl 2025 – Kein Grund für Jubel in Essen

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VON DETLEF LEWEUX

Nachdem das BSW wie die FDP den Einzug in den Bundestag verpasste (beide Parteien spielten auch auf Essener Ebene nicht wirklich eine Rolle), kann Friedrich Merz nun die frühere „große Koalition“ mit der SPD suchen, die mit ihrem Ergebnis aber nur als „kleiner“ Partner in die Verhandlungen gehen kann.

Und was bedeutet der Wahlabend für Essen? Die AfD wurde in einigen Nord-Stadtteilen stärkste Kraft. Dennoch hat SPD-Ratsfraktionschef Ingo Vogel den Nord-Ost-Wahlkreis klar gewonnen. Im Süd-West-Wahlkreis setzte sich CDU-MdB Matthias Hauer deutlich durch und auch im Wahlkreis Essen/Mülheim blieb SPD-Politiker Sebastian Fiedler vorne. Nach 20 Jahren hat sich in Essen erstmals kein Kandidat von Bündnis 90 / Die Grünen für Berlin qualifiziert – das bedeutet, dass zumindest eine Stimme für Ruhrgebietsanliegen und Essener Interessen in Berlin fehlen wird.

Kein grüner MdB aus Essen

Wie sich das Bundestagswahlergebnis auf die Kommunalwahl im September auswirken wird, kann man sicherlich erst genauer absehen, wenn CDU und SPD die Koalitionsverhandlungen hinter sich gebracht haben. Dabei werden sich viele Genossen bestimmt an die 16 Jahre schwarz-rote Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel erinnern. Denn als Juniorpartner hat die SPD in dieser Zeit bis in ihre Hochburgen im „Revier“ hinein so viel Zustimmung verloren wie nie zuvor. Nicht wenige SPD-Größen forderten damals, sich als Oppositionspartei neu aufzustellen, um Wählervertrauen zurückzugewinnen. Stattdessen kam der überraschende Olaf Scholz-Sieg und dann das Debakel der Ampelregierung mit noch größeren Verlusten für die Sozialdemokraten, die nun weniger Volkspartei sind als die AfD.

SPD: Kleines Ergebnis – große Verantwortung

Ließe die SPD nun die Koalitionsverhandlungen mit Friedrich Merz platzen, wäre das eine gewisse Rache an dem Mann, der den Bundestag kurz vor der Wahl in zwei völlig unnötige Abstimmungen gezwungen und damit die CDU beschädigt und die AfD noch stärker gemacht hat. Am Ende würde das aber Neuwahlen und weiteren Stillstand in Deutschland bedeuten. Die SPD hat also trotz kleinem Ergebnis große Verantwortung auf der Berliner Bühne. Vor diesem Hintergrund sind die Genossen, die sich jetzt auf den Kommunalwahlkampf konzentrieren, nicht zu beneiden. Denn: Welcher Wind auch immer zukünftig in Berlin wehen wird, er wird auch die Essener Stadtteile erreichen. Und nach den letzten Groko-Erfahrungen hat das immer nur der CDU geholfen, der SPD eher nicht.

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