VON SILKE HEIDENBLUT
Wenn die Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald zum Rundgang mit dem Nachtwächter einlädt, dann schlüpft Sven Milpauer ins historische Gewand und begrüßt die Menschen, die sich ihm anschließen möchten, am Blücherturm.
Fürs Foto holt er sogar die Hellebarde raus. „Aber die bleibt im Turm, denn das Mitführen ist heutzutage nicht mehr erlaubt“, erklärt er und ist mittendrin in der Geschichte seines Heimatorts.
„Rellinghausen ist einer der ältesten Stadtteile Essens, dessen Gründung ca. im Jahr 860 liegt.“ Beschützt wurde er von vier Wehrtürmen. „Davon sind heute noch drei erhalten und einer davon ist der Blücherturm.“ Heute ist der Turm der Sitz der Bürgerschaft und wird für unterschiedliche Zwecke genutzt. Zurzeit kann man dort eine Kunstausstellung mit Werken von Herbert Sander ansehen.
Mit Sven Milpauer die Wehrtürme erkunden und das Damenstift abgehen
„Der Blücherturm ist eines der ältesten Gebäude Essens, er wurde ca. im Jahr 1200 erbaut“, weiß Sven Milpauer. „Er war erst Wehrturm, später dann Gerichtsturm.“
Der Rundgang des Nachtwächters, der einst die Laternen anzündete und Gesindel von den Straßen scheuchte, führt an den vier Türmen vorbei, auch an dem Ort, an dem der nicht erhaltene Turm stand. „Wir gehen sozusagen entlang der ehemaligen Stadtmauer“, erklärt Milpauer, der auch Beisitzer im Vorstand der Bürgerschaft ist, während es durch eine romantische Ecke Rellinghausens mit Fachwerkhäusern und schönen Laternen geht. In der Nähe der Ardeyschule stand einst der vierte Turm, von dort aus geht es abwärts – vorbei an der Dorfschänke – Richtung Damenstift. „Die Dorfschänke gibt es seit über 500 Jahren, früher gab es dort für Pilger ein Bett und etwas zu essen.“
Nach dem Überqueren der Frankenstraße – die einst die Grenze zwischen Sachsen und Franken markierte – steht man schon auf dem Gelände des Damenstifts. Dort hält der Nachtwächter vor dem Zeitstein, der sich auf der Grünfläche ein wenig versteckt. „Auf dem Stein sind alle wichtigen Ereignisse Rellinghausen eingemeißelt“, erklärt Sven Milpauer und beleuchtet sie mit einer Taschenlampe und erklärt die einzelnen Bilder.
Das Kanonissenstift, das sich dort auf dem Gelände befand, wurde 960 von Essens Äbtissin Mathilde gegründet. „Rund 800 Jahre lang hatten die Frauen hier das Sagen“, so Milpauer. Die ehemalige Bierbrauerei ist schön beleuchtet. „Das hat die Bürgerschaft zu St. Martin organisiert.“
Das ehemalige Damenstift liegt auf dem Jakobsweg, was die Muschel vor der Kirche St. Lambertus schön dokumentiert. „Sie war ursprünglich der dritte Turm“, erklärt der Nachtwächter und zeigt auf den Hauptturm der Kirche, deren Besichtigung er empfiehlt.
Am Kindergarten vorbei geht es Richtung Eisenbahnstraße und schließlich zum Stiepelturm, dem vierten Turm. „Er war ein Verteidigungsturm, gehörte aber auch zu dem Bauernhof an diesem Ort“, erklärt der Nachtwächter, der auf dem Weg zurück zum Blücherturm noch viele Fragen der Teilnehmer seines Rundgangs beantwortet.
Die Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald bietet verschiedene historische Führungen an, auf der Homepage (buergerschaftrellinghausen.de) findet man immer die aktuellen Termine. Am morgigen Samstag, 30. November, lädt sie ab 14 Uhr zum kleinen Weihnachtsmarkt am Blücherturm ein.